allein im waldgebiet ein stückchen hinterm haus,
nur hinten in der.. borktriefenden tiefe so eines
nordbrandenburger hains (die alte stachbeerenlaube..)
also die vordere baumreihe, dieses auslöschende
von allen birken verlassene licht: dahinter vogelstreit
und sängeratem: schlechtwetterfront am nachmittag
und abends lahmt der letzte schreihals durch das bild
am sängerweg, dem lauten, nur ihre flüche einzufangen
auf so ein bandgerät, die stimmbandwaffe später, was dann
für immer so authentisch bleibt; die feldarbeit, die man im
spiegel betrachtet und an den fingern/ und einer singt
aus seiner deckung irgendwo/ gekropftes gebüsch, dort im flieder
der ohrenkundler, wie ein verbotener schütze und am morgen
bringt ein anderer den trog mit den stimmen, es klingt
als ob die reiflauten baumreihen vor lachen zerplatzen.
von Klara Beten
Klara Beten * 1981, lebt in Berlin. Sie hat in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht und gerade erschien der Band „kopfbild, default“ Gedichte, Leipzig 2012. Sie war Beiträger im Forum der 13 und erhielt den Dulzinea Lyrikpreis. http://klarabeten.blogspot.com
Sonntag, 4. März 2012
Dienstag, 21. Februar 2012
Liebe Eva,
seit drei Tagen regnet es in Mostars weißes Wunder, den Schnee, der die Stadt für Tage lahmgelegt hatte. Im Winter ohne Strom, Wasser und Heizung ist etwas, woran man sich nicht mehr gewöhnen will. Auch wenn es lustig war, das Staksen durch die weißen Massen, das Fotografieren und Facebooken der Autodächer, die gerade mal einige Millimeter aus dem Schnee guckten. Es muss nicht sein, schon gar nicht in einer Stadt, in der die Erinnerung an vier Kriegsjahre ohne Strom und Wasser noch so lebendig ist, dass auf einmal nur noch davon die Rede ist. Und wo wird auch TV und Internet so sehr geliebt wie hier? Ich verstehe es gut, dass diejenigen, die Jahre lang darauf verzichten mussten, nun ihr Recht auf Unterhaltung und Fernkommunikation mit Hingabe einlösen wollen. Und es gibt ja immer noch Defizite: Z.B. wollten wir gestern eine gemeinsame Amazonbestellung machen, nur um festzustellen, dass die sorgfältig ausgesuchten (englischen) Bücher alle nicht nach Bosnien lieferbar sind. Ich würde schwören, dass das zu einem früheren Zeitpunkt (mit deutschen Büchern?) schon einmal geklappt hat.
Einer weiteren Errungenschaft der Zivilisation blicken wir in diesem Frühjahr entgegen: Einem riesigen Einkaufzentrum, das schon zu einer Art Sehnsuchtsort für viele geworden ist. Auch für mich. Immer wieder sorgt es für Gesprächsstoff. Ein großes Kino soll es geben (endlich endlich!), Mc Donalds - und vielleicht auch diesen Seifenshop, diesen Laden, den es auch in Sarajevo gibt, wie heißt er nochmal? Jeder wartet auf etwas anderes, der eine auf westliches Fast Food der andere auf einen Delikatessenanbieter, ja, vielleicht gibt es ja sogar einen großen Buchladen? Dabei ist doch nichts sicher (außer dass es tatsächlich vier große Kinosäle geben wird, dass weiß ich aus verlässlicher Quelle - denn auch ich, wie jeder Zweite, kenne jemanden, der am Bau des Kolosses beteiligt ist). Vielleicht ereilt die Mall auch das Schicksal der vielen anderen fehlinvestierten Einkaufzentren in Mostar. Es bleibt halb leer und wird wieder nur das Gegenteil von dem, was man erhofft hat: Ein Symbol für die Entbehrungen in einem wirtschaftlich nicht funktionierenden Land. Denn es stimmt zwar, dass die Mostarer es lieben, Klamotten zu shoppen und in Cafes rumzuhängen, aber wo über 50% der jungen Menschen arbeitslos sind und Kleinunternehmern mit hohen Abgaben und null Unterstützung nur Steine in den Weg gelegt werden, sind bereits seit Neujahr 7000 kleinere Geschäfte pleite gegangen.
So siehts hier aus im Jahre 2012, dass Juli Zeh hierher gereist ist, ist bereits über 10 Jahre her. Ich habe ihr Buch, das du in deinem letzten Brief erwähnt hast, mit Genuss gelesen, auch wenn ein bisschen der Tiefgang fehlt. Zumindest macht sie in "Die Stille ist ein Geräusch" nicht deutlich finde ich, dass sie sich intensiv mit dem Land beschäftigt hat, es ist alles ein bisschen naiv geschildert, pseudo-naiv würde ich meinen, einer Erzähltechnik geschuldet. Kurze Zeit später gab es im Land einen kurzfristigen wirtschaftlichen Aufschwung, der aber schnell wieder "versandet" ist. Ach ja: Und die Neretva "chirurgengrün" zu nennen ist doch etwas untertrieben - da muss einem doch etwas Schöneres zu einfallen als die Atmosphäre eines OP-Saals. Vielleicht die grün-blaue Kachelung eines Hamam? Darüber denke ich bis zum nächsten Brief nochmal nach.
Deine Sibylla
Einer weiteren Errungenschaft der Zivilisation blicken wir in diesem Frühjahr entgegen: Einem riesigen Einkaufzentrum, das schon zu einer Art Sehnsuchtsort für viele geworden ist. Auch für mich. Immer wieder sorgt es für Gesprächsstoff. Ein großes Kino soll es geben (endlich endlich!), Mc Donalds - und vielleicht auch diesen Seifenshop, diesen Laden, den es auch in Sarajevo gibt, wie heißt er nochmal? Jeder wartet auf etwas anderes, der eine auf westliches Fast Food der andere auf einen Delikatessenanbieter, ja, vielleicht gibt es ja sogar einen großen Buchladen? Dabei ist doch nichts sicher (außer dass es tatsächlich vier große Kinosäle geben wird, dass weiß ich aus verlässlicher Quelle - denn auch ich, wie jeder Zweite, kenne jemanden, der am Bau des Kolosses beteiligt ist). Vielleicht ereilt die Mall auch das Schicksal der vielen anderen fehlinvestierten Einkaufzentren in Mostar. Es bleibt halb leer und wird wieder nur das Gegenteil von dem, was man erhofft hat: Ein Symbol für die Entbehrungen in einem wirtschaftlich nicht funktionierenden Land. Denn es stimmt zwar, dass die Mostarer es lieben, Klamotten zu shoppen und in Cafes rumzuhängen, aber wo über 50% der jungen Menschen arbeitslos sind und Kleinunternehmern mit hohen Abgaben und null Unterstützung nur Steine in den Weg gelegt werden, sind bereits seit Neujahr 7000 kleinere Geschäfte pleite gegangen.
So siehts hier aus im Jahre 2012, dass Juli Zeh hierher gereist ist, ist bereits über 10 Jahre her. Ich habe ihr Buch, das du in deinem letzten Brief erwähnt hast, mit Genuss gelesen, auch wenn ein bisschen der Tiefgang fehlt. Zumindest macht sie in "Die Stille ist ein Geräusch" nicht deutlich finde ich, dass sie sich intensiv mit dem Land beschäftigt hat, es ist alles ein bisschen naiv geschildert, pseudo-naiv würde ich meinen, einer Erzähltechnik geschuldet. Kurze Zeit später gab es im Land einen kurzfristigen wirtschaftlichen Aufschwung, der aber schnell wieder "versandet" ist. Ach ja: Und die Neretva "chirurgengrün" zu nennen ist doch etwas untertrieben - da muss einem doch etwas Schöneres zu einfallen als die Atmosphäre eines OP-Saals. Vielleicht die grün-blaue Kachelung eines Hamam? Darüber denke ich bis zum nächsten Brief nochmal nach.
Deine Sibylla
Mittwoch, 25. Januar 2012
kokon
das nächtliche um uns:
ein specht schlägt eine tanne wund,
und alles nächtliche um uns:
ein mund besiegelt einen mund -
im nächtlichen gesicht der mond
liegt lächelnd, liegt im schwund
schon eine hand, die eine hand begriff.
wir sprechen nicht. wir flechten finger,
bänder, bänder bis verstummt
im hintergrund ein specht, sein puls:
die nacht den tag entpuppt.
von Sina Klein
Sina Klein *1983 in Düsseldorf, wo sie auch lebt. Studium der Romanistik / Anglistik / Germanistik. Seit 2010 regelmäßig Lesungen mit einem 5-köpfigen Autorenkollektiv; schreibt Lyrik, übersetzt und rezitiert.Veröffentlichungen u. a. in poet, Proto und lauter niemand. "kokon" ist hier erstmalig veröffentlicht. Mehr unter http://www.poetenladen.de/sina-klein.htm
ein specht schlägt eine tanne wund,
und alles nächtliche um uns:
ein mund besiegelt einen mund -
im nächtlichen gesicht der mond
liegt lächelnd, liegt im schwund
schon eine hand, die eine hand begriff.
wir sprechen nicht. wir flechten finger,
bänder, bänder bis verstummt
im hintergrund ein specht, sein puls:
die nacht den tag entpuppt.
von Sina Klein
Sina Klein *1983 in Düsseldorf, wo sie auch lebt. Studium der Romanistik / Anglistik / Germanistik. Seit 2010 regelmäßig Lesungen mit einem 5-köpfigen Autorenkollektiv; schreibt Lyrik, übersetzt und rezitiert.Veröffentlichungen u. a. in poet, Proto und lauter niemand. "kokon" ist hier erstmalig veröffentlicht. Mehr unter http://www.poetenladen.de/sina-klein.htm
Dienstag, 3. Januar 2012
Liebe Sibylla,
ich habe meine Eindrücke von Mostar im November noch ein bisschen nachwirken lassen und durch zweierlei Lektüre ergänzt: Eures Bands „Invent | tura. Zeitgenössische Kunst und Literatur aus Bosnien und Herzegowina“ (Hg. Sibylla Hausmann und Karin Rolle 2011) und Juli Zehs „Die Stille ist ein Geräusch“ von 2003. Als Juli Zeh 2001 durch Bosnien und Herzegowina gereist ist, um das Reisebericht-Buch zu schreiben, war der Krieg erst seit fünf Jahren vorbei, die internationalen Friedenstruppen noch im Land und Tourismus nicht üblich. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Zerstörung ist mir die enorme Aufbauleistung das erste Mal aufgegangen. Bislang fand ich eher eindrucksvoll, dass es noch so viele Ruinen gibt, die man weder wieder herrichtet noch abreißt. Auch wenn sich seit 2001 schon viel getan hat, wird sowohl oberflächlich als auch in eurem Band deutlich, wie lange der Krieg zerstörend nachwirkt– wie Verlust und Teilung Alltag, Erinnerung und Kulturproduktion prägen.
Ansonsten fand ich es gut, von Juli Zeh Selbstbesuchtes noch mal beschrieben zu bekommen und festzustellen, dass es auch Konstanten gibt. Zum Beispiel das spezielle Grün der Neretva, das man direkt aus eurem Fenster sehen kann, und für das Zeh über das ganze Buch die richtige Bezeichnung sucht, um schließlich in Chirurgengrün die größte Annäherung zu finden. Auch die Steine der Bogumilen (eine mittelalterliche Abspaltung des Christentums), bei denen wir in der Nähe von Stolac bei unserem Ausflug angehalten haben, kommen vor. Und sie dienen übrigens doch als Grabsteine… Ich hänge mal ein Foto an. Und voraus stelle ich ein kleines Reise-Gedicht, das ich noch in Mostar angefangen hatte. Ach, und lustig fand ich auch, dass Juli Zeh während ich ihr Buch gelesen habe Gast bei „Hart aber Fair“ war (ich wusste vorher gar nicht, wie sie aussieht). Sie war als Gegnerin des Gesundheitszwangs da und gerade schwanger.
Viele Grüße
deine Eva
P.S. Wie du wahrscheinlich weißt, gab es in Berlin immer noch keinen Schnee und die Weihnachtsdeko muss langsam weg.
Ansonsten fand ich es gut, von Juli Zeh Selbstbesuchtes noch mal beschrieben zu bekommen und festzustellen, dass es auch Konstanten gibt. Zum Beispiel das spezielle Grün der Neretva, das man direkt aus eurem Fenster sehen kann, und für das Zeh über das ganze Buch die richtige Bezeichnung sucht, um schließlich in Chirurgengrün die größte Annäherung zu finden. Auch die Steine der Bogumilen (eine mittelalterliche Abspaltung des Christentums), bei denen wir in der Nähe von Stolac bei unserem Ausflug angehalten haben, kommen vor. Und sie dienen übrigens doch als Grabsteine… Ich hänge mal ein Foto an. Und voraus stelle ich ein kleines Reise-Gedicht, das ich noch in Mostar angefangen hatte. Ach, und lustig fand ich auch, dass Juli Zeh während ich ihr Buch gelesen habe Gast bei „Hart aber Fair“ war (ich wusste vorher gar nicht, wie sie aussieht). Sie war als Gegnerin des Gesundheitszwangs da und gerade schwanger.
Viele Grüße
deine Eva
P.S. Wie du wahrscheinlich weißt, gab es in Berlin immer noch keinen Schnee und die Weihnachtsdeko muss langsam weg.
Im Südosten
Es ist wirklich ab
gedroschen. Doch
kann es nicht oft
genug betont wer
den. Wie anders
alles ist. Wenn die
Sonne scheint. Heu
te erhellt sie einen
gestern noch düster
en Fluss. Wehendes
Blattschattenspiel in
den Fensterbögen.
Die Kraft der Sonne.
Diese Wirkung
Diese Wirkung
überrascht mal wie
der. Und macht heute
das Fremde so viel
freundlicher. Das Was
ser rauscht unablässig.
Dielen knarren. Mal
Katzen mal Hunde.
Und der Muezzin
singt zur Stunde. War
um nicht in das kleine
Turmzimmer rein.
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