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Donnerstag, 19. August 2010

der halbe Mond schwimmt am Taghimmel

blasser Rest einer Brausetablette
kurz vor der Auflösung

umso größer und umgekippt
liegt er nachts auf dem Rücken
ein fettgelb gefärbter Käfer

ich möchte
erkennen ob er strampelt da
verbirgt ihn schon ein Berg

Dienstag, 8. Juni 2010

Die Taubheit die Wut ist

da steht ein Haus am Rand eines Dorfes
hat ein angeschrägtes Flachdach und einen
baufälligen Holzbalkon besser nicht zu betreten
innen ein erster Stock der halb ist wie auf einer
technischen Zeichnung zu Anschauungszwecken seziert:
halbes Haus halb erträumt die frühe Vertreibung von dort
wo ich etwas von mir im Garten hinterließ vielleicht einen
durch eine Milchzahnlücke gespuckten Kirschkern – oder
vielleicht war es doch ein Zahn ein Arm eine Herzkammer
vielleicht war es mehr: das häufige Heulen diese ewige Angst
das In-die-Hose-Machen die Lust auf Süßes halbe Kaugummis
bespeichelt von mir keimen in der Erde meine Klage wächst
mein Hals juckt mein Knie juckt meine Wange juckt
nicht kratzen du sollst nicht kratzen mein erstes Gebot
Haus am Waldweg der Weg zum Wald mit Kamillenblumen
an seinen Rändern wir Kumpels liebten ihn wir kochten Tee
ich fühle eine Sehnsucht die an dem vorbeigeht
was das Haus jemals war ich fühle die gekappte Verbindung
die Klage die Taubheit die Wut ist

Paradiesgärtlein

mein Utopia hat viele Kräuter es riecht gut
liegt in Mauern auch Rapunzel wächst dort
auch ist der Rasen gepunktet von Gänseblüm-
chen. in ihm erfahre ich von Jahren die wie
Honig fließen langsam und köstlich ich fühle
den Widerspruch der glatten Frucht an meiner
Wange zu dem porigen Stein den ich streichle
zu dem schleimigen Film einer Schnecke zu
der keiner Berührung standhaltenden kalten
Haut des Wassers zu dem Kitzel von Fliegen-
beinen in der Armbeuge und ich stimme ihm
zu. heiter vertieft mich das langsame Studium
rückt mich körperlose Schrift noch tiefer in es
hinein in mein Gärtlein dies mit hohem Ein-
satz errungene Stückchen für das ich jeden
einzelnen Stein selber herbeischleppte auf
meiner Zunge das war in keinem Märchen
keiner Legende das ist: eine wahre Begeben-
heit harte Arbeit die sich stets neu ereignet
an meinem würzigen Nähr- meinem würzi-
gen Lustgarten mit der zahnweißen Pforte

kein weicheres omen

nach einer woche eisernem verweilen
zeichnet der schnee reime wo
noch wiese, meer schon bald
die oberflaeche bildet
ist es wirklich noch meer, wie es
sich da aufeinanderschiebt?
ich zaehle kalte berge und tuerme
und moewenschreie es gibt
kein weicheres omen