Dienstag, 8. Juni 2010

Die Taubheit die Wut ist

da steht ein Haus am Rand eines Dorfes
hat ein angeschrägtes Flachdach und einen
baufälligen Holzbalkon besser nicht zu betreten
innen ein erster Stock der halb ist wie auf einer
technischen Zeichnung zu Anschauungszwecken seziert:
halbes Haus halb erträumt die frühe Vertreibung von dort
wo ich etwas von mir im Garten hinterließ vielleicht einen
durch eine Milchzahnlücke gespuckten Kirschkern – oder
vielleicht war es doch ein Zahn ein Arm eine Herzkammer
vielleicht war es mehr: das häufige Heulen diese ewige Angst
das In-die-Hose-Machen die Lust auf Süßes halbe Kaugummis
bespeichelt von mir keimen in der Erde meine Klage wächst
mein Hals juckt mein Knie juckt meine Wange juckt
nicht kratzen du sollst nicht kratzen mein erstes Gebot
Haus am Waldweg der Weg zum Wald mit Kamillenblumen
an seinen Rändern wir Kumpels liebten ihn wir kochten Tee
ich fühle eine Sehnsucht die an dem vorbeigeht
was das Haus jemals war ich fühle die gekappte Verbindung
die Klage die Taubheit die Wut ist