danke für die zwei Versionen deines Gedichts. Mir gefällt, wie sich Tiefe und Leichtigkeit abwechseln und schwere Gedanken dynamisch daher kommen. Besonders gut gefällt mir der konkrete Einstieg mit dem Haar und dem Halbmond-Fingernagel. Das mit dem Ei ist lustig, aber vielleicht doch etwas gewollt. Du spekulierst ja auch, wie du wohl darauf kamst... Ich finde die Übersetzung gelungen, es geht nichts verloren und die letzte Zeile klingt sogar runder. Zur Titel-Übersetzung bin ich mir nicht sicher – „going“ ist besser als „travelling“, das ist zu einschränkend – vielleicht wären „On the road“ oder "Moving" auch eine Möglichkeit.
Unser letzter Gastbeitrag, das Gedicht von Christophe Fricker, gefällt mir sehr. Ich mag die Mischung aus konkreter Szenerie, kleiner Geschichte und originellen Beschreibungen. Ort und Gefühl sind gut nachvollziehbar. Ich hätte auch Lust, nochmal in einem Diner in Amerika zu sitzen. Auch wenn Abenteuerlust und Freiheit fremd und allein schnell in Trostlosigkeit umschlagen können, auch ohne Regen.
Bei meinen eigenen Texten habe ich gerade eine ziemlich selbstkritische, frustrierte Phase. Ich denke, es fehlt an einem durchgängigen Stil und vieles bleibt oberflächlich und willkürlich. Gebe mich von den eigenen Wörtern zu schnell beeindruckt. Man liest ja auch die eigenen Hintergedanken immer mit. Kann mich oft nicht entscheiden, ob etwas gut einfach, im Sinne von konkret, oder zu einfach, einfach einfallslos ist. In der Hinsicht fehlt mir der kritische Austausch, den wir im Schreibkurs hatten.
Viele Grüße aus dem eisigen aber sonnigen Berlin,
deine Eva
Montag, 21. Februar 2011
Dienstag, 15. Februar 2011
Mistwetter und Elmo’s in Durham
Notizen auf einem durchgeweichten Briefumschlag
Draußen regnet es verbiestert.
Die Stadt mit den amputierten Armen
Kann sich die Hosenbeine nicht hochkrempeln.
Das Wasser legt sich auf den Rasen.
Irgendwann gibt es nur noch Heimwege.
Aber ich gehe allein in meinen Diner.
Das Gemüse heute kommt drauf an,
Die Suppe des Tages ist Schicksal.
Die Rechnung kommt gleich mit dem Essen,
Als ginge es Zahn um Zahn.
Draußen vergeht mir bald die Widerborstigkeit.
Die nasse nächste Ampel macht sich wichtig.
Der Fahrradfahrer glaubt, er hätte eine Chance.
Ich stimme einen Sprechchor an,
Nur innerlich natürlich, und fordere,
Daß morgen alles besser wird.
Christophe Fricker hat von 2006 bis 2010 in Durham, North Carolina, gelebt und Deutsch unterrichtet. Elmo’s war sein Lieblingsrestaurant. Sein Gedichtband "Das schöne Auge des Betrachters" erschien 2008 im Verlagshaus J. Franck in Berlin. 2009 erschien Frickers Buch "Larkin Terminal", eine Sammlung von 12 Porträts von Menschen und Orten auf verschiedenen Kontinenten. Im Januar 2011 leitete Christophe Fricker in Mostar, Bosnien und Herzegowina, einen Lyrik-Workshop für Studierende der Germanistik.
Draußen regnet es verbiestert.
Die Stadt mit den amputierten Armen
Kann sich die Hosenbeine nicht hochkrempeln.
Das Wasser legt sich auf den Rasen.
Irgendwann gibt es nur noch Heimwege.
Aber ich gehe allein in meinen Diner.
Das Gemüse heute kommt drauf an,
Die Suppe des Tages ist Schicksal.
Die Rechnung kommt gleich mit dem Essen,
Als ginge es Zahn um Zahn.
Draußen vergeht mir bald die Widerborstigkeit.
Die nasse nächste Ampel macht sich wichtig.
Der Fahrradfahrer glaubt, er hätte eine Chance.
Ich stimme einen Sprechchor an,
Nur innerlich natürlich, und fordere,
Daß morgen alles besser wird.
Christophe Fricker hat von 2006 bis 2010 in Durham, North Carolina, gelebt und Deutsch unterrichtet. Elmo’s war sein Lieblingsrestaurant. Sein Gedichtband "Das schöne Auge des Betrachters" erschien 2008 im Verlagshaus J. Franck in Berlin. 2009 erschien Frickers Buch "Larkin Terminal", eine Sammlung von 12 Porträts von Menschen und Orten auf verschiedenen Kontinenten. Im Januar 2011 leitete Christophe Fricker in Mostar, Bosnien und Herzegowina, einen Lyrik-Workshop für Studierende der Germanistik.
Montag, 7. Februar 2011
Liebe Eva,
gestern habe ich ein melancholisch-lustiges Gedicht von mir gefunden, das auch zu unserem Blog-Thema passt. Es ist schon einige Jahre alt, leider undatiert.
Fahren
wir ziehen weiter wir lassen zurück
ein Haar einen kleinen Halbmond Fingernagel
immer ein Stückchen von uns
wir fahren und verlieren uns
an Orte Personen Träume die nicht
transportabel sind so sind wir zerstreut
wie Salz auf einem hart gekochten Ei
Warum ausgerechnet wie Salz auf einem hart gekochten Ei? War das nur ein kleiner Witz oder habe ich mir etwas dabei gedacht? Und ist das Ei überhaupt schon gepellt? Diese Frage wurde mir ernsthaft gestellt, aber ich denke doch! Wer streut Salz auf ein ungepelltes Ei? Vielleicht deswegen das Bild, weil Salzkörner auf gepellten Eiern immer so ein seltsames glasiges Aussehen annehmen, so dass jedes einzelne hervorgehoben wird? Vielleicht war es auch eine assoziative Verbindung auf der lexikalischen Ebene von "zerstreut" zu "Salzstreuer"...
Ich möchte einfach mal denken, dass es deswegen um Salzkörner und hart gekochte Eier geht, da unsere Zerstreutheit an unterschiedlichste Orte und Menschen doch letztendlich dem Ganzen die Würze gibt!
Aus Vorzeigezwecken habe ich übrigens auch ins Englische übersetzt, wie findest du die Version?
Going (Travelling?)
we go further we leave behind
a hair a little half-moon fingernail
always a bit of us
we go and loose ourselves
to places persons dreams which are not
portable so we are scattered
like salt on a hard-boiled egg
Bis bald,
deine Sibylla
Fahren
wir ziehen weiter wir lassen zurück
ein Haar einen kleinen Halbmond Fingernagel
immer ein Stückchen von uns
wir fahren und verlieren uns
an Orte Personen Träume die nicht
transportabel sind so sind wir zerstreut
wie Salz auf einem hart gekochten Ei
Warum ausgerechnet wie Salz auf einem hart gekochten Ei? War das nur ein kleiner Witz oder habe ich mir etwas dabei gedacht? Und ist das Ei überhaupt schon gepellt? Diese Frage wurde mir ernsthaft gestellt, aber ich denke doch! Wer streut Salz auf ein ungepelltes Ei? Vielleicht deswegen das Bild, weil Salzkörner auf gepellten Eiern immer so ein seltsames glasiges Aussehen annehmen, so dass jedes einzelne hervorgehoben wird? Vielleicht war es auch eine assoziative Verbindung auf der lexikalischen Ebene von "zerstreut" zu "Salzstreuer"...
Ich möchte einfach mal denken, dass es deswegen um Salzkörner und hart gekochte Eier geht, da unsere Zerstreutheit an unterschiedlichste Orte und Menschen doch letztendlich dem Ganzen die Würze gibt!
Aus Vorzeigezwecken habe ich übrigens auch ins Englische übersetzt, wie findest du die Version?
Going (Travelling?)
we go further we leave behind
a hair a little half-moon fingernail
always a bit of us
we go and loose ourselves
to places persons dreams which are not
portable so we are scattered
like salt on a hard-boiled egg
Bis bald,
deine Sibylla
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