Donnerstag, 28. November 2013

In den Schären

Wir sitzen auf grob gezimmerten Bänken
Der Wind trägt die Salzluft zur holzgrauen Hütte
Ein blonder Geschwisterreigen zieht vorbei
Würfelt sich durchs hohe Gras hinunter zum Strand
Wir hören die Sprünge vom Landungssteg
In die kalte Baltische See
Mittags das Signalhorn der Fähre vom Festland
Du pfeifst mit blauen Zähnen
Sortierst deine losen Blätter
Beschwerst sie mit dem Kartoffelmesser
Ich trenne Blaubeeren von Preiselbeeren
Und schreibe in mein Heft:
Der heutige Tag: primär zyanblau.

Gedicht von Sandra Hubinger


Sandra Hubinger ist in Oberösterreich aufgewachsen. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Salzburg und Manchester. Danach Lehrtätigkeit in Frankreich und Österreich. Sie schreibt Lyrik,  Prosa und Theatertexte und veröffentlichte Gedichte in mehreren Lyrikzeitschriften (Kaskaden, die Lyrikzeitschrift, Augustin). Zur Zeit studiert sie Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. 2013 erhielt sie den Feldkircher Lyrikpreis (3. Platz) für einen Zyklus von Gedichten, die sich mit dem Vers "satt liegt meine Hand in der Wölbung deines Rückens" von Elisabeth Steinkellner auseinandersetzen. Zu diesem gehört auch ihr Gastbeitrag "In den Schären". Aus der Begründung der Jury: "Sandra Hubingers Aufmerksamkeitsradar richtet sich auf ein Gegenüber, dieses "Ich" sucht den Kontakt, der im Idealfall die Begrenzung des Eigenen überschreitet, sich öffnet, einfühlt in die Stimme des Anderen, sich bei ihm Ausruhen möchte, vermittelt stets über die Aufzeichnung von Sinneseindrücken des Sehens/Sprechens/Hörens, niemals als gefühlsselige Beschwörung von Rauschzuständen."