Freitag, 17. Mai 2013

Liebe Sibylla,

ach ja, die Sexyness der Literatur. Ich verstehe deinen Frust aus dem letzten Brief. Vor allem, wenn man im Bereich der Kulturvermittlung tätig ist, hat es Literatur im Vergleich zu den anderen Künsten schwer. Zum einen wegen des nicht unmittelbar vorhandenen visuellen Reizes, wie du schreibst, zum anderen auch wegen der Einsamkeit in der Herstellung und Rezeption. Schreiben und Lesen sind zunächst Tätigkeiten, die man primär alleine verrichtet. Klar gibt es Lesungen, Hörbücher, privates Vorlesen und hier und da Autor/innen-Kollektive, aber andere Künste, wie Theater, basieren eben grundsätzlich auf Teamarbeit, so dass solche Projekte auch in der Kulturellen Bildung erstmal mehr hermachen. Andererseits gibt es auch viele gelungene Versuche, Literatur und auch Lyrik im Speziellen durch die Einbeziehung von modernen visuellen Elementen (im Print und bei Lesungen) oder Musik (bei Lesungen und Audioversionen) attraktiver zu machen. Das Einsame kann außerdem auch ein Vorteil sein – man braucht nichts als ein Buch oder Papier und Stift. In der Kulturellen Bildung und im Therapeutischen Bereich bringt das auch Chancen mit sich, da die Beteiligten in Schreib-Workshops kreative und selbstreflexive Ressourcen erwerben können, die sie ganz für sich alleine nutzen können. Und die Frage, wie viele Leute überhaupt etwas mit Literatur oder noch viel weniger Lyrik anfangen können, stellt sich bei anderen Berufen und Hobbys doch auch… Denk mal an Weltraumtechniker/innen oder Windsurfer. Da ist Literatur schon eher Konsens, obgleich natürlich in ihrer Bedeutung weit unterschätzt!

Ich finde es schwer, zwischen Anspruch und Zugänglichkeit auszuloten – sowohl in der Rezeption als auch in der eigenen Produktion. Ich will schon gefordert und überrascht werden, andererseits muss auch immer genug Bekanntes angesprochen und im besten Fall neuformuliert werden. Und ich schmunzele gerne. Wenn mir Texte in ihrer ganzen Grundhaltung abgehoben erscheinen, schwanke ich zwischen Faszination und Abwehr. Wie in der Musik – nicht zu seicht, aber ein bisschen Pop darf sein. Ein bisschen Spaß muss sein. Wo der beginnt und aufhört, ist natürlich sehr individuell. Auf jeden Fall möchte ich in Zukunft ein bisschen mehr Pop in meine eigenen Texte bringen. Mal sehen, wie das aussieht… Hier und da ein schmissiger Refrain…

Als Gastbeitrag habe ich – so viel zu Zugänglichkeit – ein Fußballgedicht angefragt. Aber keine Angst, es hat auch was mit Verortungen zu tun. Hoffentlich klappt es!

Liebe Grüße und schöne Pfingsten!
Eva