In gesprenkelte Helligkeit
brachen sie aus. Kirchenlicht
fürs Jenseits geschminkt.
Eine Gnadenbildmadonna
eine Madonna mit dem Kinde
eine einstmals mit dem Kinde
eine sterbende Madonna
fielen aus dem Steingemäuer
jener Art Verlies, gewöhnlich
von Stiefmüttern bewohnt
und ausgedienten Hexen.
Die Heizkörper lehnten
an den Kirchenbänken
die Klempner verschwanden
in die Brotzeit. Ich blieb allein
das Schiff schwankte im Schweigen.
Da regte sich ein blasses
steinzerkratztes Wesen
da rollte zag aus dem Versteck
die Letzte ihrer Reihe:
Vesperbildmadonna,
den toten Jesu steif im Arm
plumpste hölzern mir zu Füßen –
vor meine Füße, Frau Äbtissin!
Spät lag ich wach an diesem Tag
sah meine Zehen an,
zehn kleine Wunder.
Gedicht von Nora Bossong
aus der Anthologie "Poesie und Stille", Wallstein Verlag, 2009.
Nora Bossong, *1982 in Bremen, lebt heute in Berlin. Sie studierte Kulturwissenschaft, Philosopie und Literatur an vielen Orten, u.a. in Rom und in Leipzig, am Deutschen Literaturinstitut. Nora Bossong schreibt Lyrik und Prosa, sie hat in beiden Genres bereits mehrere Einzelveröffentlichungen. Zuletzt erschien 2012 der Roman "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" im Hanser Verlag.
Freitag, 28. Dezember 2012
Donnerstag, 20. Dezember 2012
Liebe Sibylla,
lustig, dass du in deinem letzten Brief deine Irritation über
die Allgegenwart von Jack Wolfskin-Bekleidung geäußert hast. Mir sind der
Wandel oder zweifelhafte Aufstieg der Marke auch schon ohne den räumliche
Abstand aufgefallen, was mich z. B. letzte Ostern an der Ostsee, wo es auch einen ganzen
Store an der Strandpromenade gab, zu einem privaten Mini-Vortrag zum Thema verleitet hat. Mitte der 80er Jahre hat mein Vater einen großen schwarzen
Wanderrucksack mit pinkem Rückenteil und der Tatze gekauft, den ich dann als
Jugendliche übernommen und erst vor ein-zwei Jahren in recht zerfetztem
Zustand aufgegeben habe – für meinen Rücken war er eigentlich immer zu breit,
aber ich mochte ihn sehr. Vor ein paar Jahren ist Jack Wolfskin dann, besonders dominant (es gibt ja noch ein paar andere
Marken mit ähnlichen Entwicklungen), von der Spezialausstattung zur Alltagsmarke
geworden – inklusive Fußball-Bandenwerbung, eigener Stores usw. Die
Label-Kennzeichnung an den einzelnen Teilen ist dabei ebenfalls ausufernder
geworden, die Tatze immer an mehren Stellen – gedruckt und in Leder aufgenäht – zu finden. Seitdem sind auch
deutsche Innenstädte ein einziges wildes Outdoor-Gelände. Eine dezente Tatze
hier und da war mir lieber. Habe sie sowieso lange für einen Bär und nicht,
obwohl natürlich naheliegend, einen Wolf gehalten, was ich auch sympathischer
fand. Von einsamen Wölfen kann jedenfalls keine Rede sein.
So, Zeit für einen kurzen Jahresrückblick. Beruf: Es war auf
jeden Fall sehr angenehm, das ganze Jahr dank des Stipendiums abgesichert zu
sein und der gleichen Tätigkeit nachgehen zu können. Schade, dass es nächstes Jahr schon wieder
vorbei ist. Familie: Als Herausforderung nicht zu unterschätzen. Zahl der
besuchten Hochzeiten bleibt konstant bei leicht rückgängiger Tendenz (noch keine
Einladung für nächstes Jahr). Endlich zwei neue Babys im näheren Freundes- und
Familienkreis. Schreiben: Die Freude über die ersten Anthologie-Veröffentlichungen
macht süchtig nach mehr.
Ich wünsche euch schöne und friedvolle Feiertage und einen
guten Rutsch!
Liebe Grüße
Eva
Eva
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